Lichttext Dezember 2014

Lichttext Dezember 2014

EinDollarBrille

Mit einfachen Dingen Großes bewegen! Als Martin Aufmuth vor fünf Jahren fasziniert in einem Buch von der Idee einer günstigen Brille las, die sich jeder auf der Welt leisten könne, die es aber leider noch nicht gebe, wusste er noch nicht, dass er sie schon ein Jahr später in den Händen halten sollte: seine Eigenentwicklung, die erste selbst gefertigte „EinDollarBrille„.

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Seit 2012 haben tausende dieser Brillen die Hände ihres Erfinders längst verlassen und das Leben der Ärmsten in Ruanda, Äthiopien, Malawi oder Nicaragua verändert. Eine Näherin kann wieder den Faden einfädeln. Ein 80-Jähriger erkennt zum ersten Mal im Leben die einzelnen Blätter an den Bäumen. Ein kleines Mädchen kann endlich lesen, was ihre Lehrerin vorne an die Tafel schreibt. Ein gehbehinderter Mann erhält seinen ersten richtig guten Job – als EinDollarBrille-Optiker in Ouagadougou (Burkina Faso), der sogar ein 9-köpfiges Team leitet.

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In zehn Ländern ist Martin Aufmuth (auf dem Foto oben links) mittlerweile mit seinem gemeinnützigen Verein EinDollarBrille e. V. aktiv, mit dem Ziel: „Wir möchten 150 Millionen Menschen auf der Welt mit Brillen versorgen – Menschen, die von einem Dollar oder weniger am Tag leben und bis heute keinen Zugang zu Brillen haben.“

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Und das geht so: Ehrenamtliche Helfer bilden in 14-tägigen Trainings Bewerber vor Ort aus, die anschließend als mobile EinDollarBrille-Optiker von Dorf zu Dorf ziehen können. Im Gepäck eine handliche Box mit der von Martin Aufmuth erfundenen stromlosen Biegemaschine, Federstahldraht, Brillengläser in den Stärken von -6 bis +6 Dioptrien, Glasperlen als Brillenschmuck und eine Sehprobentafel, mit der die Sehschärfe getestet wird. In kürzester Zeit können sie so ihre Mitmenschen mit einer passenden, neuen Brille versorgen und als selbstständige Handwerker sich selbst und ihre Familie ernähren. Geniale Hilfe zur Selbsthilfe.

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Die Materialkosten für eine Brille betragen rund einen Dollar. Ihr Verkaufspreis liegt bei zwei bis drei ortsüblichen Tageslöhnen. Für die Biegeeinheit (Wert 2.500 Euro) müssen die EinDollarBrille-Optiker nichts bezahlen, sie wird ihnen kostenlos zur Verfügung gestellt und bleibt im Besitz des Vereins, der anhand von regelmäßigen Berichten und Patientenbüchern überprüft, ob sie auch im Sinne des Erfinders benutzt wird.

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Schon 50 Ehrenamtliche ließen sich von Martin Aufmuths Vision begeistern und unterstützen den Verein mit ihrem Wissen und ihrem Einsatz. Weitere Helfer sind immer willkommen. Genauso wie Spenden, die für Biegemaschinen, Reisekosten der ehrenamtlichen Trainer und die Ausgaben für die Trainings verwendet werden.

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Vergangenen Monat bedankte sich Martin Aufmuth in einem Brief bei allen, die den Verein finanziell fördern mit ihren Spenden „oder sagen wir mit ihren Investitionen in eine bessere Zukunft der Menschen, die, oft völlig unvermutet, von einer Sekunde auf die nächste ein neues Leben beginnen. Dank einer einfachen Brille.“

Text: Petra Nickisch, Dezember 2014
Fotos: EinDollarBrille, Martin Aufmuth (5), Wolfram Cueppers (1)


Bildervortrag

„Die schnellste Brille der Welt“ nennt Martin Aufmuth seine EinDollarBrille in einem ARD-Interview. Tatsächlich benötigt die Herstellung nur gut 10 Minuten. Jeden einzelnen Schritt erklärt er mit vielen Fotos hier auf der informativen und gut strukturierten Webseite des Vereins – vom Biegen des Federstahlrahmens bis zum Einklicken der Linsen. In der Mediathek kann ein schöner Bildervortrag als PDF heruntergeladen werden. Er eignet sich als einfacher Einstieg in das Projekt, besonders für Schulkinder.