Lichttext Oktober 2011
Lady Musgrave Reef
Das neue Exponat im Infopavillon des Hamburger Überseequartiers macht stutzig. Statt moderner HafenCity-Architekturmodelle ragen auf dem zentralen Ausstellungstisch gehäkelte Türmchen in die Luft. Rosa Röhren und hellblaue Hütchen mit witzigen Puscheln, Punkten und Pompons. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein Friedhof für misslungene Klorollenbezüge, erklärt sich erst, als eine Gruppe junger Menschen den Pavillon betritt und ihr Führer frohlockt: „Das hier ist mein Gute-Laune-Raum!“
Die Künstlerin Petra Maitz habe aus über 350 Einzelstücken das australische Lady Musgrave Reef nachempfunden, erzählt er. Und sofort macht es im Gehirn klick. Aus dem vormals wilden Häkelwald wird ein prächtiges Korallenriff. Na klar, jetzt wo man’s weiß. So filigran wirken die Seeanemonen und Seesterne auf einmal, vor Sekunden noch erschienen die Dinger potthässlich.
Korallenriffe gehören zu den artenreichsten Ökosystemen der Welt. Sie sind Lebensraum für unzählige Organismen, die auf unterschiedliche Weise miteinander agieren, sich schützen, beherbergen oder gegenseitig ernähren. „Diese ständig wachsende und sich verändernde Gesellschaft interessierte die Künstlerin“, sagt der Führer und schlägt damit die Brücke zur HafenCity, die ebenfalls Jahr für Jahr neue Gebäude hervorbringt, deren Bewohner und Besucher sich ständig anpassen und neu organisieren müssen.
Mit ihrer Installation erinnert Petra Maitz aber auch an die Bedrohung der Korallenriffe. Durch Umweltverschmutzung, Dynamitfischerei und die globale Erwärmung wurden weltweit bereits über 20 Prozent dieser Meeresparadiese zerstört. Wenn es denn mal so einfach wäre, diese schon verschwundenen, über Millionen Jahre entstandenen Kunstwerke der Natur in ein paar Stunden nachzuhäkeln …
Bis zum 30. Oktober 2011 ist das „Lady Musgrave Reef“ zu sehen im Infopavillon Überseequartier, Osakaallee 14, 20457 Hamburg, Di-So 10-18 Uhr, Eintritt frei.
www.hafencity-map.de
www.petramaitz.com
Text und Fotos: Petra Nickisch, Oktober 2011
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Das Häkelriff von Petra Maitz ist Teil der Ausstellung „Zur Nachahmung empfohlen“, die nebenan im Virginia Haus, Osakaallee 16-18, 20457 Hamburg zu sehen ist. Unter dem Motto „Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit“ zeigen Künstler wie Dodi Reifenberg oder Clement Price-Thomas bis zum 30. Oktober 2011 unter anderem ihre Mosaikbilder aus Plastiktüten und einen atmenden Laubhaufen. Öffnungszeiten: Di-So von 12–19 Uhr, Eintritt 5 Euro. www.z-n-e.info